Nashville (apn) Eine deutsche Familie mit fünf Kindern erhält in den USA politisches Asyl, nachdem sie wegen der allgemeinen Schulpflicht aus Baden-Württemberg ausgewandert ist. Nach der Entscheidung des US-Einwanderungsgerichtes vom Dienstag können Uwe und Hannelore R. und ihre fünf Kinder nun in Tennessee bleiben, wo sie seit 2008 leben. Sie unterrichten ihre Kinder zu Hause. Die evangelikalen Christen vertreten die Ansicht, dass der deutsche Lehrplan gegen christliche Werte verstößt.
Ihren Asylantrag begründete die Familie damit, dass sie wegen ihres christlichen Glaubens verfolgt werde. «Während der letzten 10 bis 20 Jahre lief der Lehrplan in öffentlichen Schulen immer mehr christlichen Werten zuwider», begründete der Familienvater die Entscheidung, die Kinder lieber zu Hause zu unterrichten. In der Schule seien seine ältesten Kinder mit Gewalt, Schikanen und Druck von Gleichaltrigen konfrontiert worden. «Ich halte es für wichtig, dass Eltern die Freiheit der Wahl haben, wie ihre Kinder unterrichtet werden.»
Im Oktober 2006 hatte die Polizei die Kinder zu Hause abgeholt und zur Schule gebracht. Letztlich ausschlaggebend für die Entscheidung der aus Bissingen an der Teck in Baden-Württemberg stammenden Familie, ihre Heimat zu verlassen, war nach Worten des Vaters ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November 2007, wonach in schweren Fällen die Jugendämter Eltern ihre Kinder wegnehmen können. Nach diesem Urteil «wussten wir, dass wir das Land verlassen mussten», erklärte der Vater.
Die US-Regierung kann gegen das Urteil noch Einspruch einlegen. Ein Sprecher der Einwanderungsbehörde wollte zunächst keine Stellung dazu nehmen.
Wirkung auf Meinung in Deutschland im Kalkül
Die Familie wurde in ihrem Asylverfahren von der Organisation Home School Defense Association unterstützt, die sich für das Recht auf Heimunterricht stark macht. Deren Vorsitzender Mike Donelly erklärte, man hoffe, dass das Urteil nun die öffentliche Meinung in Deutschland beeinflusse. Das sei auch ein Teil der Gründe dafür gewesen, der deutschen Familie Rechtsbeistand anzubieten.
Der deutsche Konsul für den Südosten der USA, Lutz Gorgens, ging in einer Erklärung nicht direkt auf das Urteil ein. Er betonte jedoch, Eltern in Deutschland hätten eine große Bandbreite von Bildungsmöglichkeiten für ihre Kinder. Es gebe öffentliche und private Schulen und auch solche mit alternativen Lehrplänen wie Waldorf- und Montessori-Schulen. Die allgemeine Schulpflicht garantiere einen hohen Bildungsstandard für alle Kinder.
Ein Sprecher des baden-württembergischen Kultusministeriums sagte in Stuttgart, die Schulpflicht in Deutschland sei geltendes Recht. Daran müsse sich jeder halten. Hausunterricht sei nicht möglich. Die Behörden hatten gegen die Eltern zwei Bußgeldverfahren eingeleitet, weil sie ihre Kinder nicht zur Schule schickten.
Prof. Wolf M. Nietzer, MBA, LL.M.