US-Produkthaftpflicht eines Herstellers aufgrund unzureichender Warnhinweise

U.S.-rechtlichen Sichtweise bei der Ausgestaltung von Warn- / Sicherheitshinweisen in Gebrauchsanleitungen haben wir Ihnen einen kurzen Abriss  entsprechender gesetzlicher Verpflichtungen des Herstellers in den USA vorangestellt.

Das Fehlen angemessener Warnhinweise kann in den USA ein ansonsten einwandfreies Produkt mangelhaft machen und damit (abhängig vom Recht des jeweiligen U.S.-Bundesstaates) entweder eine verschuldensunabhängige Haftung des Herstellers aus „strict liability“ oder bei schuldhafter Verletzung einer Warnpflicht, eine  Verschuldenshaftung aus „negligence“ auslösen.

Ein Hersteller hat grundsätzlich gegenüber einem für ihn vorhersehbaren Benutzer seines Produktes eine Warnpflicht in Bezug auf mögliche Risiken beim Gebrauch des Produktes.

Diese Warnpflicht des Herstellers bezieht sich dabei nicht nur auf die vom Hersteller intendierte ordnungsgemäße Nutzung des Produkts, sondern erstreckt sich auch auf diesbezüglichen „vorhersehbaren Fehlgebrauch“ von Benutzern.

Sowohl bei einem auf strict liability als auch bei einem auf negligence gestützten Anspruch ist meist die zentrale Frage, ob die Warnhinweise des Herstellers ausreichend, bzw. angemessen („adequate“) waren. Ob in einem bestimmten Fall ein entsprechender Warnhinweis ausreichend war, wird in der Regel von einer Jury entschieden.

Entscheidend ist bei der Beurteilung der Frage der Angemessenheit von Warnhinweisen, ob ein verantwortungsbewusster Hersteller die Gefahr erkannt hätte. Positive Kenntnis des Herstellers von einer bestehenden Gefahr ist hingegen nicht erforderlich.

Das Recht der meisten U.S. Bundesstaaten geht davon aus, dass das Wissen des Herstellers um die Gefahren des Produktes, welches er zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produktes hätte haben sollen, die Voraussetzung für eine verschuldensunabhängige Haftung wegen unterlassener, bzw. nicht angemessener Warnung darstellt.

In den meisten Gerichten wird diesbezüglich unterstellt, dass ein Hersteller die gleiche Kenntnis wie ein Sachverständiger hat, was wiederum die Empfehlung nahelegt, sich schon bei der Formulierung von Warnhinweisen eines Sachverständigen zu bedienen.

Die konkrete Gestaltung von Warnhinweisen im Einzelfall ist vor allem abhängig von den tatsächlichen, mit dem jeweiligen Produkt verknüpften Gefahren sowie dem Kreis der möglichen Produktbenutzer. Eine Warnung muss auffällig gestaltet sein. Sie muss so detailliert sein, dass sie die für die sichere Handhabung des Produkts notwendigen Informationen sowohl den potentiellen Benutzern als auch denjenigen übermittelt, von denen der Hersteller angemessener Weise annehmen muss, dass sie mit dem Produkt in Berührung kommen werden.

Warnungen sollten vor diesem Hintergrund:

  • unbedingt durch Symbole gekennzeichnet werden,
  • vorsorglich sowohl in Englisch als auch in Spanisch (die in den USA am häufigsten gesprochenen Sprachen) erfolgen,
  • in leicht verständlicher Sprache geschrieben werden und deutlich hervorgehoben sein (unter Verwendung von Signalwörtern, Warnsymbolen und Signalwortfeldern, siehe nachfolgende Ausführungen  unter II.).

Inhaltlich muss die jeweilige Warnung erfassen:

  • Welche Gefahr besteht?
  • Art und Weise der Gefahr?
    • Schwere und Wahrscheinlichkeit einer Körperverletzung?

Warnhinweise müssen des Weiteren dem sog. „Klarheitsgebot“ genügen. Der Grad der potentiellen Gefahr muss aus den Warnhinweisen ohne weiteres erkennbar sein. Häufig ist die Verwendung von Signalwörtern an dem Produkt selbst, die in der Gebrauchsanleitung „übersetzt“ werden. Zusätzlich wird optisch mit Hervorhebung durch Einrahmung, Großdruck, Fettdruck, Sicherheitsdreiecke, schwarzem / weißen Untergrund gearbeitet.

Im Übrigen lassen sich allgemein gültige Regeln nicht aufstellen. Es empfiehlt sich die Heranziehung der Warn- und Gebrauchshinweis mehrerer vergleichbarer Konkurrenzprodukte, um einen gewissen Anhaltspunkt für „State-of–the-Art“-Warnhinweise des jeweiligen Produkts zu bekommen.

Als Faustformel kann im Übrigen gelten:

  • Es sollten nach Möglichkeit alle denkbaren -auch entlegensten – Gebrauchsmöglichkeiten Ihres Produktes in Erwägung gezogen werden und danach inhaltlich Ihre Gebrauchsanleitung ausgerichtet werden
  • Um die Effizienz der Warn- und Gebrauchshinweise zu sichern, sollten regelmäßig Testserien durchgeführt werden, um zu prüfen, ob Warnungen und Instruktionen befolgt werden.
  • Bei Aufbau und Gliederung der Gebrauchsanleitung sollte (ungeachtet der Tatsache, dass seitens des Herstellers / dessen autorisierten Personals Einweisungen erfolgen) darauf geachtet werden, dass dem Benutzer des Produkts – möglichst einfach, übersichtlich  und verständlich dargestellt – die einzelnen Schritte der ordnungsgemäßen Benutzung mit graphischen Darstellungen dargestellt werden und im jeweiligen Textabschnitt auch Hinweise zur Vermeidung des  sog. „naheliegenden Fehlverhaltens“, ebenfalls mit graphischen Darstellungen versehen, gegeben werden.
  • Der Benutzer des Produktes sollte je nach Produkt  in der Gebrauchsanleitung darauf hingewiesen werden, dass es für eine ordnungsgemäße Benutzung des Produkts nicht ausreicht, die Gebrauchsanleitung zu lesen, sondern zuvor unter anderem

–     eine Produkteinweisung vom Hersteller selbst oder dessen autorisierten Personals sowie

–     ein „Vertrautmachen“ mit dem Produkt durch den Benutzer erfolgen muss.

Diese Information  stellt aus unserer Sicht einen der wichtigsten Warnhinweise für den Benutzer dar, welche diesem somit auch bereits eingangs der Gebrauchsanleitung im Text, der deutlich farblich hervorgehoben werden sollte. Auch weitere, wichtige Warnhinweise, die dem Benutzer oft nur über diverse Seiten der Gebrauchsanleitung verteilt gegeben werden, gehen oftmals in der Fülle des Fließtextes unter und sind somit für den Benutzer nicht auf den ersten Blick als wichtige Warnhinweise zu erkennen. Wir empfehlen vor diesem Hintergrund daher nicht nur die Ergänzung der Warnhinweise durch entsprechende graphische Darstellungen und entsprechende Hervorhebung der Warnhinweise im Text selbst, sondern auch die Verwendung von ANSI-konformen Warnhinweisen. Die aktuelle ANSI Richtlinie beschreibt drei Hauptmerkmale zur Kennzeichnung von Sicherheitshinweisen:

a)                 Signalwort

b)                 Safety Alert Symbol

c)                 Signalwortfeld (Signal Word Panel)

a) Signalwort

Ein Signalwort soll die Aufmerksamkeit auf Sicherheitshinweise lenken und bezeichnet die Schwere der Gefährdung. Die Signalworte „DANGER“, „WARNING“, „CAUTION“ und „NOTICE“ sollen in Übereinstimmung mit den Definitionen ausschließlich zur Kennzeichnung von Sicherheitshinweisen und nicht für andere Zwecke verwendet werden. Die Aufgliederung und Verwendung dieser Signalworte bestimmt sich wie folgt:

Die entsprechenden Signalworte sollen in Großbuchstaben geschrieben sein. Das Signalwort NOTICE sollte kursiv gesetzt sein. Die Buchstabengröße des Signalwortes soll mindestens so groß sein wie der Text des Sicherheitshinweises. Je nach Art der Sicherheitshinweise können Signalworte ohne oder mit „Safety Alert Symbol“, mit oder ohne „Safety Word Panel“, mit oder ohne Farben verwendet werden.

b) Safety Alert Symbol

Das „Safety Alert Symbol“ ist ein gleichseitiges Dreieck mit einem Ausrufezeichen zur Kennzeichnung von Sicherheitshinweisen, die vor Personenschäden warnen. Es soll nicht für andere Kennzeichnungen verwendet werden. Es soll gleich groß oder größer sein als die Buchstabenhöhe des „Signalwortes“ und soll dem „Signalwort“ vorangestellt sein, wenn es zusammen mit einem „Signalwort“ verwendet wird.

c) Signalwortfeld (Signal Word Panel)

Ein „Signal Word Panel“ besteht aus einem „Safety Alert Symbol“ und einem „Signalwort“, die beide in einem rechteckigen Feld zentriert angeordnet sind. Wenn das Feld farbig verwendet wird, müssen die definierten Farben entsprechend ANSI angewendet werden. Sofern das Dokument in einer begrenzten Anzahl von Farben oder in Schwarz-Weiß gedruckt ist, darf die Farbe, in der die Sicherheitshinweise gedruckt sind, auch für das „Signal Word Panel“ eingesetzt werden.

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