Höchststrafe für Strauss-Kahn: Mögliche US-Steuerpflicht aufgrund seines Haftaufenthaltes

Brix + Partners LLC .  U.S. STEUERBERATUNG / Extrablatt Mai 2011 . New York

Dominique Strauss-Kahn, ehemaliger Chef des Internationalen Währungsfonds, muss nicht nur mit einem strafrechtlichen Verfahren wegen versuchter Vergewaltigung rechnen. Ihm könnte darüber hinaus aufgrund seines derzeitigen, unfreiwilligen Aufenthaltes in den USA noch weiteres Ungemach drohen: Die unbeschränkte US-Einkommensteuerpflicht. Man könnte vermuten, dass Strauss-Kahn genau aus diesem Grund als selbstmordverdächtig eingestuft wurde.

Nach US-Einkommensteuerrecht gilt eine natürliche Person ohne US-Staatsbürgerschaft dann als in der USA ansässig, wenn sie entweder eine permanente Aufenthaltserlaubnis nach US-Einwanderungsrecht besitzt („Green Card Holder“) oder ihren hauptsächlichen Aufenthalt in den USA hat. Dieser wird durch die tatsächlichen Aufenthaltstage in den USA („Substantial Presence Test“) ermittelt. Sollte Dominique Strauss-Kahn nicht im Besitz einer „US Green Card“ und somit nicht bereits deshalb in den USA unbeschränkt steuerpflichtig sein, dann könnte er auch bei einem unfreiwilligen Aufenthalt von mindestens 183 Tagen in den USA dennoch der US-Einkommensteuerpflicht unterliegen. Bei einem US-Aufenthalt aus bestimmten Gründen und mit bestimmten Visa werden jedoch die Tage nicht in die Berechnung der Anwesenheitstage einbezogen. Das gilt beispielsweise für Angestellte eines fremden Staates oder einer internationalen Organisation, oder auch für zeitlich befristete Aufenthalte von Studenten, Lehrern oder Trainees. Darüber hinaus bleiben grundsätzlich auch jene Tage unberücksichtigt, an denen eine Person aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung („medical condition“) an einer Ausreise aus den USA gehindert ist. Diese Ausnahme sollte auch bei psychischen Krankheiten greifen. Grundsätzlich würde Strauss-Kahn aufgrund seiner Position als (ehemaliger) Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF) wohl unter die Kategorie „Angestellter eines fremden Staates“ fallen. Unter diese Ausnahmebestimmung fallen Personen mit diplomatischem Status oder Personen, die Vollzeitangestellte einer internationalen Organisation sind. Allerdings hat Strauss-Kahn diesen Status spätestens mit seiner Kündigung verloren. Darüber hinaus war er aus privaten Gründen in New York und nicht in Ausübung

seiner IWF-Funktion. Die Reise war also unter steuerlichen Gesichtspunkten nicht optimal geplant.

Mithin sind die tatsächlichen Anwesenheitstage von Strauss-Kahn maßgeblich. Das US-Steuerrecht lässt keine Ausnahme erkennen, wonach der unfreiwillige Aufenthalt in einer US-Haftanstalt nicht zu  berücksichtigen wäre. Sollte er für schuldig befunden werden, dann würde er seine Haftstrafe im Bundesstaat New York antreten, da auch die Straftat und die Verurteilung in New York erfolgt sind. Damit wäre Strauss-Kahn nicht nur auf Bundesebene, sondern auch im Bundesstaat New York steuerpflichtig. Verbringt er seine Haftstrafe in einem Gefängnis in New York City, dann käme noch einmal die Lokalsteuer hinzu.

 

Zu dieser Einschätzung käme man übrigens auch nach deutschem Steuerrecht: Ein unfreiwilliger Aufenthalt in einer deutschen Haftanstalt würde grundsätzlich auch hier zur Begründung eines gewöhnlichen Aufenthaltes genügen (BFH 14.11.1986, VI B 97/86, BFH/NV 87, 262; bereits schon RFH-Gutachten 19.10.1940, Gr. SD 3/40, RFHE 49, 186). Von einer US-Besteuerung des weltweiten Einkommens könnte ihn somit nur ein anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) befreien. Hierzu müsste man die Tie-Breaker-Bestimmung (Artikel 4 DBA) prüfen, die den Ansässigkeitsstaat für DBA-Zwecke bei Doppelansässigkeit in beiden Vertragsstaaten bestimmt. Voraussetzung ist natürlich, dass Strauss-Kahn auch bei längerer Abwesenheit nach französischem Steuerrecht weiterhin in Frankreich unbeschränkt steuerpflichtig bleibt. Ist das der Fall, dann müsste er argumentieren, dass seine US-Gefängniszelle wegen der mangelnden tatsächlichen Verfügungsmacht (also dem Recht, wie ein Eigentümer oder Mieter über die Nutzung verfügen zu können) keine ständige Wohnstätte begründet. Das Argument ist, anders als der Blick aus der Zelle, nicht aussichtslos. Wäre Strauss-Kahn jedoch in Frankreich nur beschränkt steuerpflichtig, dann bliebe es grundsätzlich bei der US-Besteuerung seines weltweiten Einkommens. Da wäre vielleicht noch das Argument der geistigen Umnachtung als Begründung einer gesundheitlichen Verfassung, auf Grund derer er einerseits die Straftat beging und infolge derer er andererseits an einer Ausreise aus den USA gehindert ist. Zu weit hergeholt? Gut möglich, aber fest steht: Er braucht nicht nur einen guten Strafverteidiger, sondern auch einen guten Steuerberater…..

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