In den USA sind viele Käufer von industriellen Produkten nur dann bereit, Produkte europäischer Hersteller zu kaufen, wenn der entsprechende Hersteller durch einen lokalen Handelsvertreter repräsentiert wird, mit dem der Kunde bereits in der Vergangenheit gut zusammengearbeitet hat. Vor diesem Hintergrund wählen auch viele deutsche Unternehmen den Weg, ihre Produkte mittels Einsatz von Handelsvertretern (Sales Representatives / Sales Agents) in den USA zu vertreiben. Bei der Vertragsgestaltung mit dem Handelsvertreter gilt es allerdings, wichtige Punkte zu beachten, die sich deutlich vom deutschen Handelsvertreterrecht unterscheiden.
Ein Handelsvertreter ist per definitionem selbstständiger Gewerbetreibender, der damit beauftragt ist, für ein anderes oder mehrere andere Unternehmen Geschäfte zu vermitteln oder in dessen bzw. deren Namen abzuschließen. Er arbeitet in fremdem Namen und für fremde Rechnung. Der Handelsvertreter arbeitet auf Provisionsbasis und erwirbt keine Rechte an den Waren. Im Unterschied zum deutschen Rechtsverständnis kann in den USA der Handelsvertreter auch ein (Vertriebs-)Angestellter des Unternehmers sein. In der Regel hat der Handelsvertreter keine Vollmacht zum eigenständigen Abschluss von Verträgen; er vermittelt lediglich Geschäfte im Namen des Unternehmers.
In den USA findet auf Handelsvertreter das auf dem Common Law beruhende Law of Agency (vergleichbar mit den deutschen Auftragsregeln) Anwendung, das generell für das Verhältnis Vertreter (= Agent) und Geschäftsherr (= Principal) gilt. Soweit der Uniform Commercial Code – das von fast allen US-Bundesstatten (Ausnahme: Louisiana) weitgehend übernommene „Muster-Handelsgesetzbuch“ – keine besonderen Regelungen enthält, gelten grundsätzlich die Regelungen des Common Law. Da somit umfassende, spezifische Vorschriften zum Handelsvertreterrecht wie im deutschen Handelsgesetzbuch fehlen, die zur Klärung von vertraglich nicht ausdrücklich geregelten Bereichen herangezogen werden können, enthalten Handelsvertreterverträge in den USA im Unterschied zu deutschen Handelsvertreterverträgen meist zahlreiche, sehr detaillierte Bestimmungen, in denen alle Einzelheiten hinsichtlich sämtlicher Rechte und Pflichten der Vertragsparteien festgelegt werden.
Besonderes Augenmerk sollte bei der Vertragsgestaltung auf die Provisionsansprüche des Handelsvertreters gelegt werden. In der Regel wird die Provision auf Basis des Verkaufspreises berechnet. Im Vertrag sollte genau festgelegt werden, für welche Verkaufsgeschäfte eine Provision zu zahlen ist und wann diese fällig wird. In den meisten Bundesstaaten bestehen diesbezüglich gesetzliche Schutzvorschriften zu Gunsten des Handelsvertreters, die sich allerdings von Bundesstaat zu Bundesstaat unterscheiden. So existieren z.B. bundesstaatliche Regelungen, welchen zufolge Provisionen auch für Aufträge gezahlt werden müssen, die erst nach der erfolgten Beendigung des Handelsvertretervertrages beim Unternehmen eingehen oder vom Unternehmen ausgeführt werden. Bezahlt das Unternehmen angefallene Provisionen nicht innerhalb einer – meist gesetzlich geregelten – Frist kann der Handelsvertreter zivilrechtlich Schadensersatz verlangen. Liegt in diesem Zusammenhang dann missbräuchliches Verhalten seitens des Unternehmens vor, erlauben einzelstaatliche Vorschriften vielfach die Geltendmachung eines „Straf“-Schadensersatzes in bis zu dreifacher Höhe des tatsächlich entstandenen Schadens (Treble Damages); eine solche „Bestrafung“ des Unternehmens auf zivilrechtlichem Wege kennt das deutsche Recht nicht.
Innerhalb der Europäischen Gemeinschaft fürchten viele Unternehmen die mit dem gesetzlich geregelten Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters verbundenen Kosten bei Vertragsbeendigung. Zwar gibt es im U.S.-amerikanischen Recht keine entsprechenden Regelungen, die einen solchen Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters bei Vertragsbeendigung zwingend vorsehen, jedoch neigt die Rechtsprechung in den USA oftmals dazu, den vom Handelsvertreter geschaffenen „Good Will“ als schutzwürdige Rechtsposition anzuerkennen und dem Handelsvertreter entsprechenden Schadensersatz zuzuerkennen (insbesondere bei langjähriger Tätigkeit des Handelsvertreters für dasselbe Unternehmen).
Auch die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots kann Probleme mit sich bringen: Zwar können Handelsvertreter in den USA für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes in der Regel keinen gesonderten finanziellen Ausgleich verlangen, jedoch dürfen Wettbewerbsklauseln auch in den USA nicht „unangemessen“ sein (vor allem im Hinblick auf zeitliche und örtliche Reichweite). Entsteht zwischen den Parteien Streit über die Angemessenheit eines Wettbewerbsverbots, können U.S.-Gerichte das entsprechende Verbot entweder insgesamt für nichtig erachten oder die Reichweite des Verbots so beschränken, dass keine Partei übermäßig benachteiligt wird.
Als eine seit über 17 Jahren auf deutsches und U.S.-amerikanisches Unternehmensrecht spezialisierte Wirtschaftskanzlei (nunmehr auch auf China und UK ausgerichtet) verfügt NIETZER & HÄUSLER über entsprechende Erfahrungen im Umgang mit U.S.-Handelsvertretern und berät Sie hierzu gerne.