Die Tomlinson Entscheidung des House of Lords 2003. Diese Entscheidung, ausnahmsweise nicht aus dem US-Recht, wurde für diesen Blog und die Fortschreibung der Überlegungen zum Thema Common Sense bzw. eben dem nicht mehr im US-Rechtssystem vorhandenen gesunden Menschenverstand ausgewählt, weil eine derartige Entscheidung in den USA nicht möglich wäre, sondern höchst wahrscheinlich völlig anders ausgefallen wäre. Ein 18 jähriger Junge springt in einen See und bricht sich den Halswirbel und ist nunmehr für sein Leben querschnittsgelähmt. Er verklagt die Gemeinde, die die Hohheit über den See ausübt wegen Verletzung ihrer Aufsichts- und Sicherungspflicht. In der ersten Instanz gewinnt der Kläger. Aber das Höchste Gericht, das House of Lords, weist mit bemerkenswerter Begründung zur Eigenverantwortlichkeit des Menschen und zur Abwägung der Rechte und Freiheiten des Einzelnen einerseits und des Gemeinwohls anderseits die Klage ab. Und Lord Hoffmann bringt es auf den Punkt mit Feststellungen wie :
„ ….I think it will be extremely rare for an occupier of land to be under a duty to prevent people from taking risks which are inherent in the activities they freely choose to undertake upon the land. If people want to climb mountains, go hang gliding or swim or dive in ponds or lakes, that is their affair. Of course the landowner may for his own reasons wish to prohibit such activities. He may be think that they are a danger or inconvenience to himself or others. Or he may take a paternalist view and prefer people not to undertake risky activities on his land. He is entitled to impose such conditions, as the Council did by prohibiting swimming. But the law does not require him to do so……
…..the question of what amounts to „such care as in all the circumstances of the case is reasonable“ depends upon assessing, as in the case of common law negligence, not only the likelihood that someone may be injured and the seriousness of the injury which may occur, but also the social value of the activity which gives rise to the risk and the cost of preventative measures. These factors have to be balanced against each other….
….. Of course there is some risk of accidents arising out of the joie de vivre of the young. But that is no reason for imposing a grey and dull safety regime on everyone. This appeal must be allowed.„
In den USA wohl undenkbar. Um es mit Philip K.Howard in seinem Buch „Life without Lawyers“ zu halten: „The Tomlinson decision exposes a forgotten goal of American law – to protect our daily freedoms… Law is vital to freedom… But law can destroy freedom as well as support it… Freedom can be destroyed by tyrants, by lawlessness – and by too much law.“ Und genau dies wäre die Folge, wenn man all diesen Klagen stattgeben würde, nämlich dass zum Beispiel dann alle Gemeiden in der Angst vor Klagen ihre Seen für die Öffentlichkeit sperren würden. Das Recht des Einzelnen darf nicht auf Kosten der Freiheit der Mehrheit gehen. Gesetze und Vorschriften können nur Ausgangspunkt für die Bewertung eines Sachverhaltes sein, niemals schon die Antwort geben. Auf dem Weg zur Lösung eines Falles muss der gesunde Menschenverstand eine Rolle spielen (dürfen). Weiterlesen →