Zuständigkeit U.S.-amerikanischer Gerichte bei internationalen Rechtsstreitigkeiten, Klageabwehr

Deutsche Unternehmen stehen der U.S.-amerikanischen Zivilgerichtsbarkeit oftmals skeptisch gegenüber. Viele verbinden mit Prozessen in den USA Verfahrensweisen, die dem deutschen Zivilprozessrecht „fremd“ sind – wie z.B. zulässige Ausforschungsbeweisanträge („Fishing expeditions“), medienträchtige Sammelklagen („Class Actions“) oder Geschworenengerichte („Jury Trials“) – und fürchten hohe Kosten bei Verfahrensführung und Verurteilung. Dies führt dazu, dass viele deutsche Unternehmen ein Verfahren vor U.S.-Gerichten zu vermeiden suchen. Andererseits beanspruchen U.S.-Gerichte für sich eine sehr weit reichende internationale Zuständigkeit („Long-Arm-Jurisdiction“), weshalb sich letztendlich jedes deutsche Unternehmen, welches zu den USA ausreichende Berührungspunkte („Minimum Contacts“) aufweist, in der Rolle des Beklagten in einem U.S.-Gerichtsverfahren wiederfinden kann.

Im vertraglichen Rahmen können Gerichtsstandsvereinbarungen oder Schiedsklauseln einen gewissen „Schutz“ vor einem U.S.-amerikanischen Gerichtsstand bieten. Im U.S.-amerikanischen Zivilprozessrecht sind zwar Gerichtsstandsvereinbarungen seit vielen Jahren grundsätzlich anerkannt. Allerdings werden solche Gerichtsstandsvereinbarungen nur dann als zulässig erachtet, wenn diese nicht „unreasonable, unjust, unfair or unconscionable“ sind. U.S.-Gerichte behalten sich insofern das Recht vor, Gerichtsstandsvereinbarungen nicht anzuerkennen, wenn nach Auffassung des jeweiligen Gerichts die vorgenannten Voraussetzungen nicht gegeben sind. Da es sich insofern um auslegungsbedürftige und relativ offene Kriterien handelt, die stark von den Umständen des Einzelfalles abhängen, muss die ausländische Prozesspartei auch in Fällen, in denen man dies nicht unbedingt erwarten dürfte, damit rechnen, dass sich ein U.S.-Gericht trotz anderslautender Gerichtsstandsvereinbarung für zuständig erklärt. Kein Schutz durch eine Schieds- oder Gerichtsstandsvereinbarung ist weiterhin gegenüber Parteien zu erreichen, mit denen das beklagte Unternehmen kein Vertragsverhältnis unterhält, wie z.B. geschädigte Verbraucher in Produkthaftungsfällen.

Unternehmen, die durch Geschäftsbeziehungen in die USA Minimum Contacts unterhalten, sollten bei ersten Anzeichen eines drohenden Prozesses in den USA über geeignete Abwehrmechanismen nachdenken, z. B. durch vorsorgliche Separierung von prozessrelevanten Informationen von sonstigen Geschäftsdaten, Aufbereitung des Sachverhalts an Hand von Protokollen, Aktenvermerken und eidesstattlichen Erklärungen,  oder Erhebung einer sogenannten negativen Feststellungsklage in Deutschland, um einem angedrohten U.S.-Verfahren zuvor zu kommen. Bei einer solchen Klage handelt es sich um eine Klage mit dem Antrag, dass das Gericht feststellen möge, dass ein Anspruch, der z.B. vom (vermeintlichen) Geschäftspartner in den USA in diversen Schriftwechsels geltend gemacht oder dessen gerichtliche Durchsetzung angedroht wurde, nicht besteht. Die Erhebung einer solchen Klage in Deutschland hat u. a. den Vorteil, dass mit überschaubarem Kostenaufwand die erfolgreiche Erhebung der entsprechenden Klage in den USA verhindert werden kann (bedingt durch das Verbot sog. „doppelter“ Rechtshängigkeit).

Ist eine Klage den USA bereits erhoben worden, sollte der deutsche Beklagte zunächst prüfen, ob die Zustellung der Klageschrift in Übereinstimmung mit dem Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen erfolgte und gegebenenfalls die Zustellung unverzüglich zurückweisen und/oder ein entsprechendes Rechtsmittel beim zuständigen Oberlandesgericht einlegen. Sieht der Beklagte desweiteren Anhaltspunkte, dass keine so genannte „Personal Jurisdiction“ gegeben ist, muss er diese noch vor der sachlichen Einlassung angreifen.

Ein bedingter Vollstreckungsschutz nach Erlass eines rechtskräftigen Urteils in den USA wird dadurch gewährleistet, dass U.S.-Urteile in Deutschland zunächst in einem weiteren Gerichtsverfahren anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden müssen. Für die Vollstreckbarkeitserklärung U.S.-amerikanischer Urteile muss mangels eines völkerrechtlichen Übereinkommens auf die §§ 328, 723 ZPO zurückgegriffen werden. Hier prüfen die deutschen Gerichte unter anderem, ob das U.S.-Gericht nach den Grundsätzen der ZPO in der Sache zuständig war. Ist dies nicht der Fall, kann das U.S.-Urteil in Deutschland regelmäßig nicht für vollstreckbar erklärt werden.

 

Als eine seit über 17 Jahren auf deutsches und U.S.-amerikanisches Unternehmensrecht spezialisierte Wirtschaftskanzlei verfügt NIETZER & HÄUSLER über große Erfahrung bei der Abwehr von U.S.-Klagen und der Begründung eines Gerichtsstandes in Deutschland bei internationalen Rechtsstreitigkeiten.

 

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert